Bier ist bei Mehrweg ein Vorbild – es geht aber noch mehr.
Bier ist die klare Nummer eins. Das mag in mancher persönlichen Biografie stimmen – Bier ist
aber zum Beispiel auch beim Thema Mehrweg die absolute Nummer eins. War es bis in die 90er-
Jahre hinein auch in Österreich noch so, dass Mehrwegglasflaschen etwa bei Mineralwasser
absolut Usus waren, so ist Mehrwegglas heute nicht mehr das Gebinde erster Wahl. Außer beim
Bier. Im Jahr 2020 wurden beinahe 60 Prozent der verkauften Gesamtmenge an Bier in
Mehrweggebinden verkauft. Eine Zahl, die übrigens in den letzten Jahren vergleichsweise
konstant geblieben ist. Was 2020 allerdings anders war, ist dass 2019 über 20 Prozent der
Gesamtmenge in der Gastronomie und auf Events aus Fässern und Tanks in Gläser gezapft
wurden, während dies 2020 wegen der Corona-Schließungen nur rund 12 Prozent waren. Dafür
stieg der Anteil des Bieres in 0,5-Liter-Mehrwegflaschen 2020 von 41,1 auf 47,7 Prozent.
Sortieren, waschen und wiederbefüllen
Eine Brauerei, die im Frühjahr 2020 auf die klassische braune 0,5-Liter-Mehrwegflasche
umgestiegen ist, ist Ottakringer. Allerdings nicht von einer Einwegflasche: Auch die
unverwechselbare grüne Schulterflasche von Ottakringer war eine Mehrwegflasche, wurde aber
von den KonsumentInnen nicht als solche erkannt und deswegen auch nicht zurückgebracht.
Tobias Frank, Braumeister und Geschäftsführer Technik bei Ottakringer: »Auch unsere grüne 0,5-
Liter-Flasche war eine Mehrwegflasche, wurde aber trotz unserer Werbung dafür nicht als solche
erkannt und, weil es so eingelernt war, mit anderem grünem Glas im Buntglas entsorgt.« Das hat
dazu geführt, das Ottakringer die Flaschen nicht zurückbekommen hat. Gesamt sind im
deutschsprachigen Raum mehrer Milliarden braune NRW-Flaschen in Umlauf, von der grünen
Ottakringer-Flasche waren es vier Millionen. Der Handel sortiert die Flaschen nicht nach Abfüller
bzw. Produzent, sondern retourniert den Brauereien Flaschen, die sie dann sortieren, waschen
und wiederbefüllen. Ottakringer musste seine Flaschen von anderen Brauereien abholen und
zurücktauschen.
Dazu kommt im Falle Ottakringers auch ein anderes Einkaufsverhalten in Wien, wo die Brauerei
besonders stark ist: »Während in Restösterreich die Halbliterflasche in der 20er-Kiste besonders
viel gekauft wird, sind in Wien, auch weil weniger mit dem Auto eingekauft wird, andere Gebinde
beliebter«, so Tobias Frank. An der Umstellung der Flasche hat Ottakringer übrigens zwei bis drei
Jahre gearbeitet. Solche Entscheidungen sind von großer Tragweite und für längere Zeiträume.
Mehrweg ist für die Brauerein teurer und sie verzichten mit der NRW-Flasche auf optische
Unverwechselbarkeit.
Aktuell gibt es in Deutschland sowie Österreich regional Zusammenschlüsse und Verbände, die
auch bei der 0,33-Liter-Flasche Initiativen in Richtung Mehrweg starten – bisher aber nicht
erfolgreich. Frank sieht hier vor allem die Getränkehersteller aktiv, während er zu bedenken gibt,
dass etwa der Handel ein Platz- und Ressourcenproblem hat. Gesetzliche Mehrwegregelungen
werden hier etwas ändern. Wobei Frank auch die KonsumentInnen aufruft, selbst aktiver zu
werden und Angebote wie Recycling zu nutzen und Müll nicht an unpassenden Stellen zu
entsorgen.
»Während in Restösterreich die Halbliterflasche in der 20er-Kiste besonders viel gekauft
Tobias Frank, Geschäftsführer Ottakringer
wird, sind in Wien, auch weil weniger mit dem Auto eingekauft wird, andere Gebinde beliebter.«
Chancengleichheit
Auch das Bundesministerium für Klimaschutz spricht von nötigen gesetzlichen Regelungen –
auch wenn man sich erfreut darüber zeigt, dass die ProduzentInnen aktiv werden. Sarah
Warscher, Referentin für Abfallwirtschaft im Bundesminsterium für Klimaschutz, erklärt: »Wir
haben Rückhalt aus der Bevölkerung, das ist gut. Über 80 Prozent wünschen sich sowohl
verbindliche Quoten als auch ein Pfandsystem. Wenn die KonsumentInnen die Gebinde sowieso
zurückbringen müssen, würde das Chancengleichheit bringen und auch Mehrweg unterstützen.«
Die EU gibt bis 2029 eine verbindliche Trennsammelquote von 90 Prozent vor – wird diese nicht
eingehalten gibt es empfindliche Strafzahlungen auf Basis von Tagsätzen bis zur Erreichung der
Quote. Die Praxis in anderen Ländern habe gezeigt, dass dies nicht ohne verpflichtendes
Pfandsystem zu erreichen ist. Der Weg geht also eindeutig in Richtung mehr Mehrweg.