Ende September feiert die heimische Brauwirtschaft, zusammengefasst unter der Marke „Bierland Österreich“, einen besonderen Tag. Darüber und über die Entwicklung des Brauwesens sprachen wir mit Frau Mag. Jutta Kaufmann-Kerschbaum, der Gechäftsführerin des österreichischen Brauereiverbandes.
Am 30. September wird die heimische Bierbranche wieder den Tag des österreichischen Bieres feiern. Aus welcher Tradition ist dieser Tag entstanden?
Ein Feiertag mit langer Tradition. Das „Bierland Österreich“ feiert den 30. September offiziell als „Tag des österreichischen Bieres“. Die Datumswahl fiel dabei nicht zufällig auf den letzten Septembertag, wird doch nach altem österreichischem Brauch an diesem auch der historische Übergang in das neue Braujahr, also der Brausilvester, begangen.
Bis ins Mittelalter reicht die Historie des Brausilvester zurück. Vor vielen hundert Jahren waren die Menschen mit einer Situation konfrontiert, die heute unvorstellbar wäre: einem sommerlichen Herstellungsverbot für Bier. In den Sommermonaten hätten die hohen Temperaturen dem wärmeempfindlichen Bier zu stark zugesetzt. So erstreckte sich die Biersaison zwischen den Feiertagen Michaeli (29. September) und Georgi (23. April). Zur Freude aller Bierliebhaber und nicht zuletzt dank der Erfindung des Lagerbieres durch den Österreicher Anton Dreher steht heute einer ganzjährigen Produktion nichts im Wege. Zudem fahren Landwirte im September Braugetreide und Hopfen ein.
Und was gibt es zu feiern?
Mit unseren weit über 1.000 verschiedenen, heimischen Bieren und einem zertifizierten dreifstufigen Ausbildungsprogramm für Biersommeliere gehören wir weltweit zu den Spitzenreitern in Sachen Biervielfalt und Wissen rund um Hopfen und Malz. Der Tag des österreichischen Bieres ist demnach die Huldigung des Lieblingsgetränks der Österreicher, ein Bekenntnis zu unserer gelebten Genusskultur sowie Ausdruck der Wertschätzung für die ausgezeichnete und leidenschaftliche Arbeit unserer Brauer. Die österreichischen Bierkonsumenten schätzen die bierigen Jahreszeiten und die Vielfalt an unterschiedlichen Sorten während des gesamten Braujahres. Ich freue mich, dass wir die österreichische Biertradition nun auch mit dem Tag des österreichischen Bieres hochleben lassen.
Österreich ist weltweit für seine Bierkultur bekannt. Der Biertyp Wiener Lager und das Erbe des Anton Dreher könnten Wien noch stärker als Reiseziel für Biertouristen etablieren. Gibt es Pläne, das Thema gemeinsam mit der Tourismuswirtschaft zu forcieren?
Österreich, das Bierland mit Tradition, erfreut sich einer gesunden regionalen Struktur. Vom Neusiedler bis zum Bodensee sorgen 278 Brauereien (Anm.: am Craft Bier Fest Linz präsentierte sich Österreichs 279. Brauerei, nämlich Schiffners Bierspezialitäten), davon 124 sogenannte Gasthaus-, Haus- und Wanderbrauereien für eine ausgezeichnete landesweite Genusskultur und stärken durch viele Aktivitäten und Attraktionen die Region. So abwechslungsreich und spannend wie sich die heimische Biervielfalt präsentiert, so umfassend wie nachhaltig unterstützen und stärken Österreichs Brauer ihre jeweilige (Tourismus-) Region. Durchaus als Kernaufgabe unserer Brauereien anzusehen sind die vielen Eigenveranstaltungen und bierigen Tourismusangebote – wie etwa Genusskultur-Feste und Brauereiführungen.
Wie hat sich die Anzahl der Brauereien in Österreich entwickelt?
Ende August zählt unsere Statistik 278 heimische Brauereien, in dieser Zahl sind schon die 124 Gasthaus-, Haus- und Wanderbrauereien inkludiert. Österreich hat übrigens gemessen an der Gesamtbevölkerung eine der höchsten Brauereidichten weltweit. Auf rund 32.000 Einwohner kommt im Bierland Österreich eine Brauerei.
Spiegelt sich diese Entwicklung im Konsumverhalten bzw. in allgemeinen Absatzzahlen wieder?
Die Statistiken zeigen eine breitere Verteilung auf verschiedene Biersorten, prozentuell starke Zuwächse gibt es bei Leichtbieren und den Kreativbieren. Laut einer aktuellen Studie der Uni von Leuwen in Belgien ist Bier bereits seit den 90er-Jahren das weltweit am meisten konsumierte alkoholische Getränk. Während Länder wie etwa Belgien, Deutschland oder Großbritannien stagnierende Ausstoßzahlen aufweisen, wachsen die Märkte in China, Russland und Brasilien stark. Bereits seit 2003 verfügt China über den weltweit größten Biermarkt – vor den USA und Russland. In Zukunft werden wir jedenfalls einen weiteren weltweiten Anstieg des alkoholfreien Bieres sehen. Denn einerseits ändern sich Trinkgewohnheiten und AF-Bier wird dem alkoholischen Pendant geschmacklich immer ähnlicher. Andererseits gewinnt AF-Bier in Ländern an Beliebtheit, wo z. B. aus religiösen Gründen Alkohol nicht erlaubt ist.
In Österreich ist diese Entwicklung nur langsam zu beobachten. Seit dem Jahr 2000 hat sich der Inlandsabsatz von AF-Bier um 1,3 % erhöht. 2017 wurden rund 240.000 Hektoliter AF-Bier im Bierland Österreich konsumiert.
Der zweite große Trend betrifft Craft-Biere. Hier gibt es einen anhaltenden Boom und die neuen Kreationen unserer Brauer finden großen Anklang. Doch auch wenn Craft-Biere im vergangenen Jahr allein in Österreich um 80 % zulegen konnten, beträgt ihr Anteil aktuell weniger als 1 % am gesamten heimischen Biermarkt.
Welchen Leitspruch oder Wunsch möchten sie den Bierkonsumenten anlässlich des Tages des österreichischen Bieres mitgeben?
Wir leben Vielfalt. Hopfen und Malz, Gott erhalt’s.
Das Bierland Österreich begeht jedes Jahr am 30. September den Tag des österreichischen Bieres bzw. den Brausilvester.