Jausen-boxe(l)n

Foodpairing Jause mit Wiener Lager und Lammboxeln.

Es geht beim perfekten Bier zur Jause nicht immer um die feinen Akkorde der
Geschmackswahrnehmung, nicht immer um Fine Dining und darum, die Nuancen
der Saucen auf die Intensität der Aromen oder der Bitterstoffe abzustimmen.
Es geht schlicht um die Frage: Was passt zum Speckbrot? Was zu den Lammboxeln? Und was
zur Käsesemmel? Also zum Take-away ins Abenteuer.

Wiener Lager & Lammboxeln

»Je weißer der Speck, desto kraftvoller das Bier. Wer jemals Reinhold Bartas Dies Irae (ein schwarzer Vorschlaghammer von einem Bier) mit frittiertem Lardo (ein weißer Vorschlaghammer von einem Speck) probiert hat, weiß, wovon die Rede ist.«

Wir starten mit dem Highlight der Verkostung. Dazu eine kleine anekdotische Vorbemerkung: In
Bayern haben sie eine Bierwurst. Eine Brühwurst aus Schweine- und Rindfleisch sowie Schweineund
Rinderherz in der Form einer Handgranate. Meist mit Senfkörnern und Knoblauch gewürzt.
Bier ist nicht im Spiel – wurde eher oft dazu verzehrt. »Verzehrt« ist dabei ein bewusst gewähltes
Wort, denn von Genuss kann keine Rede sein. Nach mehreren Durchgängen mit Kantwurst
(gewöhnungsbedürftig), Cabanossi (schauderhaft) und Hirschsalami (eigentlich eh okay) landen
wir auf der Suche nach besseren Alternativen eben bei Lammboxeln (grandios!).
Die Herkunft des Namens liegt im Ungewissen. Der österreichische Lebensmittelcodex kennt sie
zwar, aber nur im Diminutiv – als Lammboxerln. Im Kapitel »Rohwürste ohne Belag« werden sie in
einem Atemzug mit Kaminwurzen oder Landjäger genannt. Was stimmig und schade
gleichermaßen ist. Stimmig, weil man im durchschnittlichen Wanderrucksack öfter Kaminwurzen
oder Landjäger als Lammboxeln findet. Schade, weil Letztere viel besser sind. Wer also die Wahl
hat, sollte zum Lamm greifen. Das gilt nicht nur für die Wurst. Das Bier dazu: Wiener Lager. Nach
unzähligen Versuchen, dann aber recht eindeutig. Dabei ist das nicht selbstverständlich. Im
Gegenteil. Eher überraschend. Die dezente Malzsüße ließe eigentlich anderes vermuten. Aber es
funktioniert. Die gefällige Bitternote legt sich wie ein feiner Schleier über das cremige Lammfett.
Die leicht florale Note ergänzt sich mit der deftigen Würze der Wurst.

Starkbier & Speck

Foodpairing Jause mit Starkbier und Speck.
©Jürgen Schmücking

Fett und Alkohol – darauf läuft es hinaus. Ein deftiges Speckbrot oder eine nicht minder deftige
Speckjause (bei der die Scheibe Brot mehr oder weniger nur ein Bühnenrequisit ist) verlangt nach
kräftigem Bier. Da kann man eine einfache Regel ableiten. Je weißer der Speck, desto kraftvoller
das Bier. Wer jemals Reinhold Bartas Dies Irae (ein schwarzer Vorschlaghammer von einem Bier)
mit frittiertem Lardo (ein weißer Vorschlaghammer von einem Speck) probiert hat, weiß, wovon die
Rede ist. Die Kombination ist einzigartig. Es geht sich halt nicht viel davon aus. Vorschlaghämmer
eben. Also bei beidem etwas zurückrudern.
Das Delirium Tremens ist ein belgisches Starkbier, ein Strong Ale, um genau zu sein. Nicht so
stark wie das vom Gusswerk, aber immerhin. 8,5 Vol.-% sind genug Alkohol, um es mit würzigem
Karreespeck aufnehmen zu können. Der Job der Volumprozente ist dabei klar definiert: dem Fett
eine Bühne bieten. Das kann man – je nach Sichtweise – natürlich auch von der anderen Seite her
betrachten und das Fett als Podest fürs Bier sehen. Alles eine Frage der Perspektive.

Bier & Käse

Foodpairing Jause mit Bier und Käse.
©Jürgen Schmücking

Beim Bier wollten wir zuerst eines der Hausbiere von Stiegl probieren. Den hopfig-fruchtigen
Gipfelstürmer aus
der Brauerei in Wildshut. Das lag auf der Hand. Ein Bier, das so heißt, sollte mit auf den Berg.
Gemeinsam mit der Käsesemmel. Wir haben rasch festgestellt, dass der Gedanke nicht wirklich
ausgereift war. Erstens (ein praktisch-konditioneller Grund): Die
Wildshuter Hausbiere kommen in ziemlich großen Flaschen daher. Nichts, was man so mir nichts,
dir nichts in den Rucksack steckt. Zweitens (ein praktisch-kulinarischer Grund): Besagtes Bier
passt kaum zu Käse. Höchstens zu einem reifen, schon leicht weichen Blauschimmelkäse.
Also einen Gang zurückschalten: Goldbräu. Der Klassiker im Stiegl-
Sortiment, sozusagen everybody’s darling. Ein frisches und feinwürziges Salzburger Bier. Süffig
ohne Ende, dafür aber mit wenig Kanten. Was es zum guten Speisenbegleiter macht. Der
Weißburgunder unter den Bieren. Stiegl selbst empfiehlt dazu Braten, Schnitzel, Barbecue und
Gulasch. Also eh fast alles. Wir haben es mit einem Tiroler Bergkäse probiert – und es funktioniert.
Ein kleiner Tipp: der Käse sollte nicht allzu sehr gereift sein. Je intensiver der Käse, desto eher
stürzt das Bier ab. Am besten ein paar stattlich dicke Scheiben vom jungen Almkäse in eine
Semmel mit Almbutter und auf halbem Weg (oder am Gipfel) mit dem Goldbräu genießen. Danach
daran denken, die Flaschen oder Dosen und das Papier, in dem die Semmel eingepackt war,
wieder mitzunehmen.

A Glimmer of Hops & diverse Jausenbrote

Foodpairing Jause mit "A Glimmer of Hops" und Jausenbrot.
©Jürgen Schmücking

Vorab: BierpuristInnen sollten hier aufhören zu lesen. A Glimmer of Hops ist nämlich kein Bier.
Aber es ist spannend. Und irgendwie gehört es doch hier her. Kurz und bündig: A Glimmer of
Hops ist ein kerniger Rosé, der während der Gärung mit wildem Hopfen versetzt worden ist.
Daraus ergeben sich eine Menge Fragen. Etwa, wer auf so eine Idee kommt. Und wie? Franz
Weninger aus dem Burgenland ist Winzer und ein kreativer, offener Geist. In seinem Keller wird viel
experimentiert. Im konkreten Fall wurde bei einem benachbarten Bauern wilder Hopfen gefunden
und sofort gab es die Idee den Hopfen zu ernten und damit etwas anzustellen. Der Blick fiel dann
schnell auf ein kleines Fass aus Steinzeug, in dem ein Blaufränkisch Rosé am Gären war und der
Hopfen wurde liebevoll untergemischt. Auch nach der Gärung durfte der Hopfen noch ein wenig
im Rosé schweben, dann wurde der Wein abgezogen und unfiltriert, ungeschwefelt in die 0,5-
Liter-Bierflasche gefüllt.
Herausgekommen ist eine Hommage an den Hopfen und an das viele Bier, das während der Lese
getrunken wird. Das Ergebnis: in der Nase mit einem leicht floralen Touch, Veilchen, etwas Heu
und feinen Kräutern, dazu aber auch eine dezente Reduktion und reife Beeren, der Hopfen ist
leicht spürbar. Am Gaumen kernig und zupackend, schwankt zwischen kräftigem Rosé und sehr
leichtem Rotwein, knackige Säure und ein feines Tannin. Das Bild vom Brot ist als Symbolbild zu
verstehen. Nachdem wir zig verschiedene Aufstriche probiert hatten, blieben als Favoriten zum
Hopfenschimmer übrig: scharf angerichteter Liptauer, steirisches Verhackertes und ein einfaches
Butterbrot.