Das allererste Great American Beer Festival fand 1982 in einer Stadt außerhalb von Denver, Colorado statt. Damals waren 24 Brauereien am Start, 47 verschiedene Biere wurden angeboten und etwa 800 Besucher sind gekommen. Seither hat sich einiges getan, dieses Jahr waren es 62.000 Besucher und 4.000 Biere aus 800 amerikanischen Brauereien, die zum Verkosten angeboten wurden.
Neben dem Anbieten der Biere auf dem Festival werden die Biere auch bei einer Fachjury eingereicht, um eine der begehrten Medaillen zu gewinnen. Heuer nahmen 8.496 Biere aus 2.404 amerikanischen Brauereien in 102 verschiedenen Bierkatergorien am Wettbewerb teil. Eine hier erhaltene Auszeichnung ist natürlich unheimlich hilfreich für die zukünftige Vermarktung des Biers und der Brauerei und ein tolles Qualitätssiegel.
Allgegenwärtiges Bierflair
Das Festival findet in Denver statt. Diese Stadt liegt auf einem Hochplateau auf über 1.600 m Seehöhe, und in der Ferne sind die sehr beeindruckenden Rocky Mountains zu sehen. Eine tolle Gegend in die man eigentlich nicht nur zum Biertrinken und Brauerei-Besichtigen sondern auch zum Skifahren und Wandern kommen sollte – das lässt sich alles perfekt verbinden! Vom Flughafen geht es mit dem Zug mitten in die Innenstadt, wo man gleich beim Aussteigen die ersten Bierlokale entdeckt. Das Bierflair ist hier allgegenwärtig.
Die Tickets für das Great American Beer Festival waren bereits Wochen vorher ausverkauft – und das zu einem Preis von 85 Dollar pro Ticket und Tag (die Biere die man verkostet sind darin schon inkludiert), wobei das Festival täglich lediglich von 17:30 bis 22 Uhr stattfindet. Eintritt selbstverständlich nur für Besucher über 21 Jahren mit gültigem Lichtbildausweis. Bierfreunde aus ganz Amerika sichern sich jedes Jahr schon Wochen vorher ihre Eintrittskarten und viele von ihnen machen eine ganze Woche Bierurlaub in Denver. Das Festival selbst findet zwar „nur“ von Donnerstag bis Samstag statt, die Vorbereitungen jedoch beginnen schon am Wochenende davor und zwar insofern, dass in sämtlichen Bierbars und Brauereien spezielle Events stattfinden, oft veranstaltet von am Festival teilnehmenden Brauereien. In Denver alleine befinden sich über 100 Brauereien und etliche Bierlokale – ein wahres Paradies für Bierliebhaber! Die Innenstadt ist sehr gut zu Fuß zu erkunden und man stößt an jeder Ecke auf ein Lokal, eine Bar oder eine Brauerei. Und selbst in den nicht übermäßig bieraffinen Restaurants gibt’s es etliche gute Fassbiere zur Auswahl. So kann man sich also wunderbar schon in den Tagen davor auf das Festival einstimmen und sich ein Bild von der momentanen amerikanischen Bierlandschaft machen.
Das Great American Beer Festival selbst ist erst mal überwältigend, riesig und umfangreich. Jedoch gibt es Hallenpläne und so ist es trotz der unglaublichen Anzahl an Brauereiständen möglich, sich diejenigen rauszusuchen, die man besuchen möchte. Es gibt auch eine eigene App, die man sich schon im vorhinein aufs Handy laden kann, um sich so zu informieren und den Besuch zu planen. Verkostet wird in kleinen Gläschen, in denen jeweils 10 oz ausgeschenkt werden, das entspricht ca. 30 ml, was etwa die eineinhalbfache Menge eines Schnapsglases bedeutet. Das ist definitiv weniger Menge als auf den österreichischen Bierfesten. An den ersten beiden Tagen wurde übrigens in Hartplastikbechern ausgeschenkt, am letzten Tag gab es dann richtige Gläser.
Einige der Brauereien sind dem einen oder anderen vielleicht schon untergekommen – wie Sierra Nevada, Russian River, Firestone Walker, Green Flash, Epic oder Dogfish Head. Es sind aber auch sehr viele kleine und neue Brauereien dabei, die eine Kostprobe wert sind und so fällt die Entscheidung (wie auf jedem Bierfest) richtig schwer, was man wo und wann probieren möchte.
Trüb und hopfig
Was extrem auffällt, ist die Liebe der Amerikaner zu den sogenannten Hazy IPAs. Das sind extrem trübe, undurchsichtige und meist sehr hopfige IPAs. Diese Biere findet man mittlerweile in einem Großteil der Brauereien hier, nicht umsonst gab es 391 eingereichte Biere in dieser Kategorie. Seinen Ursprung haben diese Biere, die auch New England IPAs genannt werden, ganz oben im Nordosten des Landes. Beim erstmaligen Betrachten eines solchen IPAs hat man den Verdacht, da ist etwas in der Brauerei oder beim Abfüllen schiefgelaufen, weil das Bier eine derartige Trübe aufweist, ja manchmal fast schon dickflüssig aussieht. Beim Verkosten bemerkt man jedoch schnell, was das für hopfenbetonte und kräftige Biere sind, wobei sich das nicht im Alkoholgehalt widerspiegeln muss. Man gewöhnt sich also schnell an das ungewohnte Aussehen dieser IPAs und genießt dann einfach die wunderbare Vielfalt dieser trüben Biere.
Der andere allgegenwärtige Bierstil ist der des Sauerbieres – in all seinen Abwandlungen. Dieser Stil war früher vor allem in Belgien beheimatet. Man findet heute in Amerika Biere, die bereits bei der Fermentation mit Bakterien versetzt werden, sowie holzfassgereifte Sauerbiere, bei denen sich die Biere die Bakterien aus dem Holz holen. Und dann gibt es auch das sogenannte „kettle souring“, bei dem bereits beim Brauprozess säuernde Bakterien zugesetzt werden. Schon diese unterschiedlichen Säuerungsmethoden ergeben etliche verschiedene Arten von Sauerbieren, oft werden dann noch Früchte zugegeben oder mitvergoren, was die Sauerbiere zu einer schier unbegrenzten Spielwiese für Bierbrauer macht.
Hat man sich einmal an diesen völlig neuen und auf den ersten Schluck sehr ungewöhnlichen Biergeschmack gewöhnt, eröffnet dieser Bierstil eine völlig neue Welt. In den USA ist das momentan absolut populär und viele Brauereien produzieren mittlerweile zusätzlich zu den bestehenden Bieren auch Sauerbiere, was sehr oft an anderen Standorten passiert, um sicherzugehen, dass die säurebildenden Bakterien nicht auch den Geschmack der „normalen“ Biere beeinflussen.
Der Snack am Hals
Abgesehen von den unglaublich tollen und vielen Bieren auf dem Great American Beer Festival fand ich es unheimlich lustig, dass so viele Besucher ihren Snack zum Bier rund um den Hals, wie auf einer Kette aufgefädelt, tragen. Von Salzbrezeln über Apfelringe, kleine Käse- oder Wursthappen – manche hatten für die Wurst sogar kleine Senftuben dabei … Es gibt nichts, was man sich auf diesem Festival nicht um den Hals hängen kann, und man hat immer etwas zu essen dabei, genial! Auch Verkleidungen jeder Art sind überall zu entdecken, recht oft auch Dirndlkleider und Lederhosen denn diese werden in den USA sofort mit Bier in Verbindung gebracht.
Nach dem Great American Beer Festival kann man in Denver die ganze Nacht bei tollen Bieren verbringen und mit vielen anderen Bierenthusiasten über Bier diskutieren, sich durchkosten und sich wunderbar amüsieren. Die Stadt ist für amerikanische Verhältnisse unheimlich sicher und zu Fuß umherzugehen ist auch in der Nacht kein Problem. Die Pubs und Bars haben bis in die frühen Morgenstunden geöffnet und die Stimmung während des gesamten Festivals ist bei Tag und Nacht gigantisch. Man hat das Gefühl, die ganze Stadt ist im Ausnahmezustand und es dreht sich eine Woche lang alles nur ums Bier. Einfach genial!
Infolinks:
www.greatamericanbeerfestival.com
www.brewersassociation.org
www.denverbreweryguide.com
Der Artikel „Great American Beer Festival 2018“ erschien in der Ausgabe 11 des 1515 Craft Bier Magazin.